Werbeagenturen verkaufen gerne einen neuen Internetauftritt. Gründe gibt es dafür meistens zur Genüge: Die bisherige Website ist veraltet – technisch, inhaltlich und optisch. Darüber hinaus hat sich der Kunde an seiner eigenen Seite oft „satt gesehen“ und wünscht sich eine sichtbare Veränderung. Warum dann nicht gleich die ganze Seite neu machen?
Neben den Kosten und dem auf Kundenseite nicht unerheblichem Zeitaufwand sprechen vor allem zwei Argumente dagegen:
1. Aus Sicht der Suchmaschinenoptimierung ist ein kompletter Relaunch mit neuer Seitenstruktur ein Risiko. Natürlich lassen sich bisherige Seiten mit einem Redirect auf die neue Struktur umleiten und nach anfänglichen Einbußen kann eine neue Seite auch relativ schnell wieder zu alter Sichtbarkeit zurückfinden. Eine Übergangszeit mit deutlichem Rückgang der Google Positionen muss aber einkalkuliert werden, ohne dass man genau abschätzen kann, wie die neue Seite ranken wird.
2. Kunden, die eine völlig neue Seite unter der altbekannten Domain auffinden, können vom neuen Glanz positiv überrascht werden. Sie können sich aber auch abwenden und entnervt aufgeben, wenn sie sich nicht mehr zurechtfinden, weil die gewünschten Informationen nicht mehr an derselben Stelle liegen.
Beide Probleme lassen sich mit einer gründlichen Vorbereitung und Analyse der aktuellen Google Rankings sowie des Userverhaltens auf der bestehenden Seite lösen. Womit wir wieder bei den Faktoren „Kosten“ und „Zeit“ wären.
Machen Sie es so wie die reinen Online-Unternehmen
Wie oft hat Google in den letzten zehn Jahren seine Website komplett geändert? Wie oft macht Facebook ein Update? Besser als ein kompletter Relaunch alle drei oder vier Jahre ist oftmals eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Seite mit vielen „Mikro-Updates“ im laufenden Jahr. Denn eine Website ist kein statisches Gebilde, das einmal erstellt nur noch bei absoluter Notwendigkeit oder unter den Rubriken „Aktuelles“ angepasst werden sollte. Google honoriert gut gepflegte Inhalte und dazu gehört auch die textliche Überarbeitung und Erweiterung der Basisseiten.
Um eine Website von einer „digitalen Imagebroschüre“ hin zu einem digitalen Vertriebskanal zu entwickeln, müssen das Nutzerverhaltens mit Google Analytics (oder einem ähnlichen System) und die Entwicklung der Google Rankings kontinuierlich analysiert und optimiert werden. Wie verändert sich das Nutzerverhalten auf den Haupt-Absprungseiten, wenn wir die Kontaktmöglichkeiten stärker gewichten? Wie entwickelt sich unser Ranking für bestimmte Key-Words, wenn wir die Texte weiter ausbauen?
Wer auf Nummer sicher gehen will, der kann im laufenden Betrieb jede Veränderung mit einem A/B-Testtool ausprobieren. Dabei wird die gleiche Seite per Zufallsprinzip einmal mit Änderung und einmal ohne Änderung an die User ausgespielt. User Signals wie Verweildauer, Kontaktaufnahmen oder Abbruchquote geben zuverlässig Auskunft darüber, welche Veränderung eine Optimierung darstellt und welche nicht.
Evolution statt Revolution der Optik
Neben der kontinuierlichen Pflege und schrittweisen Erweiterung sollte regelmäßig ein Monitoring stattfinden, in dem auch deutlichere Veränderungen zum Beispiel der Optik und der Navigation diskutiert und ggfs. eingefügt werden. User honorieren Veränderungen vor allem dann, wenn sie sich weiter zurechtfinden. In einem Supermarkt werden die Waren mehrmals im Monat umsortiert und die Produkte je nach Vereinbarung mit dem Hersteller in der Sichtbarkeit mit zusätzlichen Aufstellern platziert. Eine komplett neue Wegeführung dagegen kommt in epischen Abständen.
Technische Wartung
Bleibt noch das Argument, die bestehende Seite sei „technisch veraltet“. Das ist leider bei einigen Unternehmenswebsites der Fall. Aber alle, die bereits auf einem der weit verbreiteten Content Management Systeme wie WordPress, TYPO3 oder SilverStripe basieren, lassen sich in der Regel updaten. Auch wenn das Update über eine oder mehrere Hauptversionen dem Aufwand eines Relaunches gleich kommt, so kann die schrittweise Veränderung – erst die Inhalte, dann die Technik, dann die Optik und die Navigation – dabei helfen, genauer zu erkennen, welche Veränderungen einen nennenswerten Unterschied ausmachen.
Worauf Sie bei einer neuen Website achten sollten.
Wenn Sie jetzt nicht um einen kompletten Relaunch herumkommen, können Sie einige Dinge beherzigen, um nicht in drei oder vier Jahren an dem gleichen Punkt zu sein.
1. Definieren Sie Ziele, die Sie mit der neuen Seite erreichen wollen (Kundenanfragen, Buchungen, Reichweite, …)
2. Messen Sie vom ersten Tag des Relaunches an, wie erfolgreich Sie mit der neuen Seite diese Ziele erreichen.
3. Planen Sie in regelmäßigen, nicht zu langen Intervallen eine Auswertung und eine Optimierung ein, z. B. durch Textergänzungen, Bildwechsel, zusätzliche Seiten, etc.
4. Setzen Sie auf ein CMS, das weiterentwickelt wird. Lassen Sie die Seite mit einer Open-Source-Lösung programmieren, die von einer weltweiten Entwickler-Community weiterentwickelt wird (z. B. WordPress, TYPO3, SilverStripe).
5. Vereinbaren Sie mit Ihrer Werbeagentur oder Ihrem Online-Dienstleister eine kontinuierliche technische Wartung und Updatesicherheit.
6. Fragen Sie von Zeit zu Zeit Kunden und Mitarbeiter, was sie an Ihrer Website vermissen. Vergleichen Sie Ihre Seite mit den Wettbewerbern. Gibt es Dinge, die Ihre Wettbewerber hinzufügen oder besser machen?
Fazit
Man muss nicht alle drei Jahre eine ganz neue Seite erfinden. Wirkliche Sichtbarkeit bauen Sie mit Ihrer Seite nur auf, wenn Sie kontinuierlich an ihr arbeiten. Wenn sich die Auseinandersetzung mit Ihrer Seite nicht auf Oberflächlichkeiten beschränkt, können Sie durch kontinuierliche Pflege den Zeitpunkt bis zum nächsten Relaunch zumindest deutlich hinausschieben und Ihre Investition somit lange erhalten.